Baumbergers Reise ins Coronaland/10, Woche 9


Tag 57. Samstag, den 9. Mai

Diese Woche beginnt die Rückreise aus dem Coronaland ernsthaft, es sei denn wir müssen noch eine oder mehrere Ehrenrunden drehen.

Die Museen bereiten sich vor.

Stand halten wäre auch eine Devise

Ein ultrakonservativer italienischer Erzbischof oder sowas behauptet, Covid19 sei eine Erfindung und diene dazu, eine Weltherrschaft einzurichten. Wohl an der Kirche vorbei. Das zeige sich im Gottesdienstverbot.

Aber auch in Bern, Zürich, Basel und St.Gallen gab es Demos – in Zeiten, zu denen Versammlungen von über 5 Personen verboten sind – gegen die Einschränkungen (und das kurz vor der Lockerung). Während meistens wenigstens die Minimaldistanzen eingehalten wurden, war dies in Bern nicht einmal der Fall. Risikoverhalten unter dem Deckmantel der Freiheit. Die ich meine.

Die NZZ stellte verschiedenen Persönlichkeiten verschiedene Frage. Eine war: „Haben wir unsere Bürgerrechte in der Krise allzu leichtfertig preisgegeben?“ Abgesehen davon, dass wir angesichts der Notlage gar nicht gefragt werden konnten, haben mich zwei Befragte überzeugt: Sowohl Jean Ziegler als auch die Co-Präsidentin der Operation Libero haben übereinstimmend gesagt : „Welche Bürgerrechte haben wir denn preisgegeben? Notrecht ist im schweizerischen Rechtsstaat vorgesehen (und wurde etwa im Zweiten Weltkrieg schon angewandt).“ (Ziegler) „Es geht um Einschränkung von Grundrechten, nicht deren Preisgabe!“ (Zimmermann)

Die CVP übt Selbstkritik ob ihres Verhaltens an der Sondersession. Sie haben eine Lösung in der Mietfrage verhindert, da sie sich nicht einig werden konnten. Damit haben sie glorios bestätigt, was ihnen immer nachgesagt wurde: Auf die kannst du dich nicht verlassen.

In der Thurgauer Zeitung wird ein Wundermittel aus Südafrika gelobt. Auch wenn die Wirkung noch nicht ganz erwiesen sei. Wichtig daran ist wohl, dass der Arzt, der es propagiert, Südafrikaner, im Thurgau geboren ist. Dann würde ja allenfalls auch noch ein Lichtlein auf unseren Kanton fallen, wenn... Da lohnt sich die sensationelle Titelzeile allemal.

Eduard Kaeser beschreibt in der NZZ, unter dem Thema „Desinformation im wissenschaftlichen Kleid“ schürften„Kohorten von Journalisten und selbstapprobierten Experten in den Preprint-Archiven des Netzes nach vorläufigen Resultaten und möglicherweise ‚ultimativen‘ Hinweisen auf die Entwicklung im Verständnis des Virus.“

Im April gab es in der Schweiz 70% weniger Autoneuzulassungen als im Vorjahr.

Die Sportanlagen sollen ab 8. Juni wieder öffnen. Wann können wir in der Männerriege wieder turnen?

Dass Kopfrechnen Glücksache ist, zeigt sich in der gleichen Ausgabe der TZ. Da wird der monatliche Rückgang der Wertschöpfung durch CV im Kanton Thurgau mit folgender Grafik beschrieben.

Dass Gastwirte und Coiffeusen vielleicht etwas viel klagen, mag ja sein, aber dass sie Milliarden umsetzen – pro Monat, nota bene! –, wusste ich nicht. (Wir beklagen ja schon lange, dass das Kopfrechnen in der Schule nicht mehr geübt wird und daher auch das Vorstellungsvermögen von Mengen und Plausibilitäten nicht mehr da ist. Aber das ist denn doch etwas krass!)

Mit den Klassifizierungen der Jahrgänge komme ich nicht klar. Heute habe ich gelesen, das sei so: Babyboomer 57 – 65 Jahre alt, Generation X 38 – 56, Millenials 24 – 37, Generation Y?, Generation Z 16 – 23.

Und wir? Ü65? Was ist die Generation nach Z? Beginnen sie da wieder mit A? Waren wir nicht auch Babyboomer, frage ich mich?

Es scheint aber in der Zeitung nicht ganz gestimmt zu haben, denn ich finde im Internet folgende Definition:

Wieder andere definieren die Millenials als die Jahrgänge 1980 bis 2000. Saupuff!

Velotour: wie gestern, aber noch über Hurnen. 28 km. 1h30. Schön und warm.

Im Feuilleton NZZ schreiben 7 Personen zur CV-Situation, zum Thema Freiheit in dieser Zeit. Und es kommen erstaunliche Äusserungen:

  • Margrit Osterloh, eine Betriebsökonomin bemängelt, dass alternative Strategien wie Unterdrückung des Virus contra allmähliche Immunisierung der Bevölkerung.
  • Und das nach allen Erfahrungen in England etc.
  • Pascal Couchepin: „Ausgangssperren allein für ältere Menschen scheinen mir vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Gutachten, die solchen Massnahmen eine geringe Wirksamkeit zuschreiben, nicht akzeptabel zu sein.“
  • Für Helmut Hubacher ist die Zeit der Einschränkung eine verlorene Zeit: Seine Titelzeile„Für uns Alte bleibt die verlorene Zeit verloren.“
  • Für mich kann Zeit nicht verloren gehen. Es ist eine andere Zeit, ein anderes Leben.
  • Die Ökonomin Karen Horn: „Wachsamkeit ist geboten, nicht aber ein hysterisches Beschreien von Freiheitsverlusten, die keine sind.“
  • Christoph Blocher: „Zurück zu Freiheit und Demokratie“ titelt er.
  • Winkelriedpose. Leben wir in einer Diktatur?
  • Auf Kassandra macht Regula Stämpfli, eine Politologin, die sich auf Hanna Ahrendt beruft (die sich ja nicht mehr wehren kann): „Die westlichen Demokratien sind durch das chinesische Virus physisch und politkulturell in den Abgrund gestürzt worden.“
  • Und schliesslich der Generalvikar des Bistums Chur (der ja vermutlich Bischof werden will). Ihn erstaunt die Folgsamkeit der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Autoritäten nicht. Er beruft sich auf Alexis de Tocqueville, den er indirekt zitiert: „Wenn die Menschen nicht mehr an Gott glauben, der Freiheit durch Transzendenz schenkt...sucht sich die überforderte Vernunft eine weltliche Autorität.“

Ein wilder Cocktail.

Tag 58. Sonntag, den 10. Mai

So sieht Chapatté das, was uns erwartet:

Wir freuen uns auf das, was uns in Sachen Gartenbeizen erwartet. Das wird unseren Aktionsradius mit dem Velo um einen weiteren Schritt ausdehnen. Denn dann können wir gescheite Pausen einlegen.

Die Versicherungen haben ja teilweise die Gastronomie und Hotellerie schwer hängen gelassen. Sie haben Epidemie-Versicherungen verkauft und dann gesagt, Pandemie sei damit nicht gemeint. Kulant waren Mobiliar, Vaudoise und Basler. Geklemmt haben Helvetia, Axa und Generali (letztere ausländisch beherrscht). Jetzt wird der Druck der Branche offensichtlich zu stark. Gekippt ist Helvetia, die anbietet, für 50% der Zusatzkosten und des Gewinnausfalls aufzukommen. Axa und Genereali zieren sich noch, dürften aber irgendwie nachziehen, um die angedrohte Prozesslawine zu vermeiden. Denn, so Juristen, die feinsinnige Unterscheidung Epidemie – Pandemie dürfte sich nicht halten lassen. Für den Wirt, der am Wirtstisch bei einem Bier den Vertrag unterschreibt, besteht da kein Unterschied, den er abschätzen kann.

Ruedi Noser, der Zürcher FDP-Ständerat, ist immer wieder für eine Überraschung gut. Jetzt schlägt er vor, die notwendige Erhöhung des Rentenalters könnte mit zwei zusätzlichen obligatorischen Ferienwochen den Arbeiterinnen und Angestellten schmackhaft gemacht werden. (Nach meiner Überschlagsrechnung entspräche das etwa 5% weniger Arbeitszeit pro Jahr und etwa 5% mehr Lebensarbeitszeit. Also ein Nullsummenspiel mit zwei Beitragsjahren mehr in die Sozialversicherungen und zwei Beitragsjahren weniger im Pensionsbezug.)

Die NZZ am Sonntag ist kreativ und kreiert einen neuen Begriff: „Kreativökonomie“ statt „Kreativwirtschaft“, da in letzterer „neben den Kreativbranchen auch kreative Jobs in anderen Branchen“ mitgemeint seien. Alles klar? Sei’s wie’s will. 500‘000 arbeiten in diesem Bereich.

Dazu gehören 156‘000 Personen in Software und Computer-Diensten, 92‘000 in Marketing und Werbung, 77‘000 in Architektur, 63‘000 in Grafik, Produkt- und Modedesign. Bleiben noch gut 100‘000 für den Rest: 39‘000 Musik, Bühne und bildende Kunst, 28‘000 Autoren, Verlage und Printmedien, 26‘000 Film, TV, Radio und Fotografie, 19‘000 Buchhandlungen, Museen und Galerien. Wenn aus Kultur Ökonomie wird.

Kulturlokale, die geschlossen wurden:

Velotour: St.Margarethen-Wängi-Wittenwil-Aadorf-Eschlikon (Besuch bei Ulla auf dem Corona-Balkon)-heim. 28 km. Gut 1h30. Schön, etwas windiger und kühler.

Auf der Tour habe ich in Aadorf eine Tankstelle gesehen, die Normalbenzin für 1.29 verkauft.

Wir haben jetzt doch je eine Maske bestellt, damit wir sie haben, wenn jemand sie fordert. Aber mit Protestpotential: Von der Neuen Europäischen Bewegung NEBS mit der Europafahne drauf.

Nazis und Verschwörungstheoretiker kochen sich ihre unappetitlichen Süppchen und benutzen dabei auch die, die mit den Einschränkungen unzufrieden sind. Und diese lassen sich teilweise benutzen.

Johnson verspricht Lockerungen, die allerdings eher auf der Ankündigungsstufe stehen bleiben, da Grossbritannien schreckliche CV-Zahlen hat: Die meisten CV-bezogenen Toten in Europa. Beizen, Schulen etc. bleiben geschlossen. So bleibt vor allem der Wechsel des Slogans von „Stay Home“ zu „Stay Alert“, vom zuhause bleiben zum wachsam bleiben – eine gefährliche Verwischung der Prioritäten. England bleibt aber damit allein, da Schottland, Wales und Nordirland dem Premier nicht auf diesem Weg folgen.

Deutschland mit seinen Seuchenherden in den Wohnghettos der osteuropäischen Fleischarbeiter in Grossschlachthöfen hat jetzt wieder eine Reproduktionsrate von 1,13. Das bedeutet, dass eine infizierte Person mehr als eine andere ansteckt, und das ist nicht gut, gar nicht gut.

Journalistensprache: „Die grösste Arktisexpedition aller Zeiten...“ Und ab jetzt kommt nichts mehr? Oder gehört das dann nicht zu den Zeiten? Wenn’s überhaupt stimmt. „Die bisher grösste...“ würde allemal reichen. Auch hier: Nichts nutzt sich so schnell ab, wie der Superlativ.

Ein dafür sprechendes Beispiel ist der „GAU“, der grösste aller anzunehmenden Unfälle. Mit dem „Super-Gau“ wurde er entwertet, da es neben diesem Super-Gau auch noch andere gab und gibt. Welcher ist es denn, der den Begriff Gau wirklich verdiente? Keiner, auf den der Supergau angewendet wird. Elo ist auch schon über einen „Super-Super-Gau“ gestolpert. Von Anfang an weniger wäre viel mehr. Einmal verwendet, kann der Begriff eigentlich nie mehr verwendet werden. Daher: Häng ihn tiefer.

Tag 59. Montag, den 11. Mai

Jetzt geht es also wieder einen weiteren Schritt in Richtung Normalbetrieb. Ob uns das bekommt. Wir hoffen es sehr.

Die IKH TG, die Industrie- und Handelskammer des Kantons Thurgau, feiert das 150jährige Bestehen. Der Jubiläums-Generalversammlung ist der Zeit angepasst:

Ein Artikel über den Chorgesang in CV-Zeiten macht mir wenig Hoffnung auf baldiges Singen mit anderen. Beim Singen werden viele Tröpfchen ausgestossen, und das Wissen über die Ansteckungsgefahr ist ungewiss. Wie meistens zurzeit. Also werden die Chöre wohl noch eine ganze Weile stillgelegt sein, auch wenn sie in gut gelüfteten Räumen und mit einigem Abstand durchaus singen könnten. Ich kann mir auch nicht recht vorstellen, wie mit 2m zum Franz und zum Livio ein Chorgefühl entstehen kann.

Was aber interessant ist: Im Freien sinkt die Ansteckungsgefahr massiv ab. „So liess sich in China nur einer von 314 dokumentierten Ausbrüchen auf eine Ansteckung in freier Luft zurückführen. Japanische Forscher schätzen die Wahrscheinlichkeit, sich innerhalb eines Raumes anzustecken, als zwanzig Mal so hoch ein, wie die Wahrscheinlichkeit einer Infektion im Freien.“ (NZZ, 11.5., S.25)

Die Schulen öffnen, müssen aber auch auf Abstand etc. achten. So sieht dann ein CV-Schulzimmer in Mülheim aus:

Die Zweitklässlerin Lynn, das Nachbarskind, kommt eben von der Schule zurück. Stolz, zufrieden und verschwitzt. Gut so.

In Afrika gibt es bisher weniger Infektionen, als vorausgesagt. Die WHO ist aber weiterhin skeptisch und warnt vor voreiligen Schlüssen und Massnahmen. Die Gründe für einen möglichen günstigeren Verlauf könnten sein:

  • niedriges Durchschnittsalter der Gesellschaften
  • kleinere internationale Mobilität
  • Klima und häufiges Leben im Freien [s.o.]
  • dünne Besiedlung ausserhalb weniger Metropolregionen
  • Erfahrungen mit Epidemien

Drücken wir den Afrikanerinnen die Daumen.

Der Wirtschaftsausfall in der Schweiz ist gross:

Der Vergleich zwischen den beiden Bildern zeigt auch die gesamtwirtschaftliche Relevanz der Branchen

Spaziergang: Obere Bahnhofstrasse-Butzenloo-Sonneberg-Murg-Maschinenfabrik-heim. 1h20. Nieselregen. Aussen und innen nass.

Beim Wandern fällt mir auf, dass ich, wenn ich hinten etwas höre, in Richtung linken Ellenbogen sehe. Ich suche instinktiv den Rückspiegel, an den ich mich auf dem Velo so gut gewöhnt habe. Elo ihrerseits vermisst beim Velofahren manchmal den Sicherheitsgurt.

Auf den Magerwiesen ist das Gold des Löwenzahns abgeblüht, alles weiss, und die verblühten Köpfe übergeben ihre Samenschirmchen dem Wind. Dafür kommen jetzt Hahnenfuss, Klee, Kerbel, Wiesenschaumkraut, Margriten.

Rund ums Haus blühen der Bärlauch, Anemönchen und Meieriesli, Kornblumen und Akelei. Die Rosen haben Knöpfe, ebenso unsere – späten – Pfingstrosen. Die frühen Blumen sind wieder weverblüht.: Primeln, Tulpen, Osterglocken.

Vor dem Hintergrund der tiefen Infektionszahlen und dem damit geringeren Ansteckungsrisiko lockert der Bund auch die Verhaltensempfehlungen für die ältere Bevölkerung. Diese könne ihren üblichen Tagesablauf wieder aufnehmen – allerdings unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln, sagte Koch. Auch den öffentlichen Verkehr und Einkaufszentren solle sie möglichst noch meiden. (NZZ)

Die Ansteckungsverteilung in der Schweiz zeigt ein deutliches Bild. Die lateinische Schweiz ist stärker betroffen als die Deutschschweiz. Frankreich und Italien spielen da rein. Das erklärt sicher auch das vorsichtigere Verhalten der Welschen und Ticinesi gegenüber dem forscheren Fordern von Lockerungen in der Deutschschweiz.

Anzahl der Coronavirus-Fälle pro 100 000 Einwohner, nach Kanton (NZZ):

Aber dass Verrückte sich nicht von Informationen beeindrucken lassen, zeigt auch dass es in Basel Demos gegen die Massnahmen gab.

Kreuzlingen und Konstanz fordern erneut in Bern und Berlin den Abbau des Zauns.

Die Reporter im Radio reiten immer wieder auf der uneinheitlichen Regelung des Schulanfangs herum. Dabei gibt doch genau dieser den Verantwortlichen vor Ort die Möglichkeit flexibel auf die lokalen Gegebenheiten zu reagieren. Im allgemeinen Rahmen der allgemeinen Vorsichtsmassnahmen. (Vgl.auch den Blogbeitrag von Freund Matthias zum Flickenteppich: http://matthias-wiesmann.ch/thema-des-tages/175-flickenteppich).[1]

[1] Wir entwickeln uns, merke ich, so langsam zum Lob- und Zitierkartell, über das wir uns an der Uni jeweils lustig gemacht haben.

Da kommt mir die Aussage von Marx in den Sinn, dass angesichts der ungleichen Voraussetzungen der Menschen im täglichen Leben das Recht eigentlich ungleich sein müsste, um allen in ihren jeweiligen Bedürfnissen gleich gerecht zu werden. Und daher ein Recht, wie wir es kennen, also für alle gleich, zu ungerechten Resultaten führe.

Es hat weder auf den Strassen noch im ÖV sehr viel Mehrverkehr gegeben durch die Öffnung.

StoryMachine, eine kommerzielle PR-Agentur, die schon Ursula van der Leyen letztes Jahr geholfen hat, einen Twitter Account aufzubauen, hat eine Pandemiestudie zum Dorf Heinsberg im Regierungsbezirk Köln via Facebook und Twitter verbreitet, bevor die Daten wenigstens einigermassen gesichert waren. Das hat zur verstärkten Forderung nach Lockerung der Massnahmen geführt, und das gerade im Land von Ministerpräsident Laschet, einem Vorreiter dieser Tendenz. Jetzt kommt raus, dass er von der Verbindung Forscher – PR-Agentur gewusst hat.

Journalistenspeak II: Wieder die Superlativmanie des auf Sensation getrimmten TV DRS. Die Sprecherin redet vom „grössten Lockerungsschritt seit Bekanntgabe des Lockdowns“. Es ist der zweite! Und nach Coiffeuren und Gartencenters mit Schulen und Beizen, ÖV und Läden sicher der grössere. Der „grösste“ damit naturgeben auch. Blödsinn im Quadrat. Was machen sie dann am 8. Juni?

Tag 60. Dienstag, den 12. Mai

(Dies ist eine Rekonstruktion des Dienstags. Der Beitrag ging am Mittwochmorgen durch eine Fehlmanipulation von Microsoft verschütt. Sch..........)

Elo hat jetzt für acht Wochen einen provisorischen Zahn, den sie zum Zähneputzen und über Nacht rausnimmt. Sie ist jetzt sozusagen teilzerlegbar.

Die Rückkehr zu etwas mehr Normalität erfolgt schrittweise. Der Verkehr steigt langsam.

Die Mittelmeerländer versuchen, von den leeren Stränden wegzukommen.

Ob das klappt, wird sich zeigen.

Selecta, die Futterautomaten auf den Bahngeleisen, sind nun mit Desinfektionsmitteln und Gesichtsmasken ergänzt.

Auch die Schweizer Destinationen sind bereit für die Lockerung. Am Seealpsee im Appenzellerland:

Unser Freund, der Künstler Peter Rottmeier (www.pero.ch), sieht die gleiche Landschaft auf dem Holzschnitt des Kalenderblatts von etwas weiter links so:


Fritz Gerber, ein grosser Wirtschaftskapitän ist gestorben. In den 90er-Jahren war er gleichzeitig Generaldirektor und Verwaltungsratspräsident sowohl von Roche als auch der Zürich Versicherungen. (nebenbei u.a. auch noch im Verwaltungsrat der Schweizerischen Kreditanstalt und der Crédit Suisse Holding). Er leitete also in zwei Weltkonzerne zugleich das, in einer Funktion, was die Franzosen PDG Président Directeur Général nennen. Also 1 Person mit 4 Aufgaben. Heute sind es 4 Mann mit 1 Job. Billiger ist das sicher nicht geworden.

Die Pensionskassen jammern weiter. Ist das eine Ankündigung einer weiteren Senkung des Umwandlungssatzes? Auch von einem „Beitrag der älteren Generation“ wird erneut gesprochen. Ist das die Ankündigung, dass der Grundsatz, nach dem ein einmal gegebener Umwandlungssatz nach dem Bezug der ersten Rente nicht mehr verändert werden darf?

Das Ansteckungsrisiko im Freien scheint sehr viel kleiner zu sein, als in geschlossenen Räumen. So wurde in einer Untersuchung in Wuhan festgestellt, dass von 340 Infizierten sich nur einer an der frischen Luft angesteckt hat. Das ist sicher kein Beweis, aber ein Indiz, denn auch in Japan geht man davon aus, dass das Ansteckungsrisiko in Räumen 20mal grösser ist. Also: weiter hinaus aus dem Haus!

Spaziergang: Der Bahn entlang zum Eschliker Ziegeleiweiher, via Murg heim. 1h10. Kalter Wind.

An der Murg riecht es aus dem Gebüsch immer noch nach Bärlauch. Offensichtliche hat es Nachzügler, die noch nicht blühen.

Im Hausarrest ist die Gefahr des Übergewichts grösser. Das gilt offensichtlich für Kinder aus Migrantenfamilien verstärkt. Sie werden von ängstlichen Eltern vermehrt im Haus behalten. (Bei der schrecklichen Institution des Taxi Mamma, der Fahrt zum Schulbesuch, ist eine überproportionale Vertretung von Migranten-Müttern festzustellen.) Ausserdem trifft der Unterbruch des Mannschaftssports diese Familien vermehrt. So betreut der FC Sirnach 200 Juniorinnen und Junioren, und gerade Fussball ist bei Migranten sehr beliebt. Keine teuren Ausrüstungen und ein Sport, der auch zuhause bewegt.

Der deutsche Virologe Hendrik Streeck hat ein Untersuchung über den besonders betroffenen Landkreis Heinsberg (Gemeinde Gangelt mit dem Faschingsfest) gemacht. Die PR-Agentur Storymachine puscht die ersten Resultate kommerziell und reisserisch unter dem Begriff „Heinsberg-Protokoll“. Sowohl Forscher als auch Agentur machen keine gute Falle dabei. Schräg sieht auch Ministerpräsident Laschek einmal mehr aus, denn er wusste, als der mit Streek die Resultate präsentierte, dass sie von Storymachine „aufgearbeitet“ worden waren. Aus der Studie leitete dann Laschek sein forsches Tempo bei den Lockerungen ab. Sowohl der Wissenschafter als auch der Politiker stehen schräg in der Landschaft, der eine als Wissenschafter, der andere als Politiker. Und beide, weil sie Publicity-lüstern sind.

Pikant ist auch, dass sich Ursula van der Leyen als Verteidigungsministerin von Storymachine beraten liess, und dass sie sich von ihnen immer noch beraten lässt.

Zwei interessante Gastkommentare in der NZZ:

Der Basler Gesundheitsökonom Stefan Felder und der Magdeburger Sozialmediziner Bernt-Peter Roba betrachten die Verfolgungsapplikation als ein Hornberger Schiessen. Viel Lärm um Nichts, wie vor 200 Jahren Shakespeares Werk Much Ado About Nothing übersetzt wurde. Sie bestätigen meinen Verdacht, dass das Aufsehen, dass die App medial erregt, vor allem dazu dient, Aufsehen zu erregen. Sie bringe wenig, da lange nicht aller mitmachen, wenn sie Gefahr liefen, dass sie unberechtigt in Hausarrest kommen. Und technisch sei fast nicht zu lösen, dass sie entweder zu scharf eingestellt werde und eine Flut von potentiell Infizierten, von Fehlalarmen, hervorrufe, oder zu schwach. (https://www.nzz.ch/meinung/covid-19-tracing-app-aufruf-zum-hornberger-schiessen-ld.1555317)

Die App ist auch darum so hoch im Schwang, weil wir in einem von der Technik bestimmten Zeitalter gerne auf technische Lösungen von gesellschaftlichen Problemen verlassen. Das gibt uns Scheinsicherheit, Vertrauen darin, dass die das dann schon im Griff haben. Das wiederum leuchtet den Journalisten ein, und sie berichten dann so oft davon, dass auch die Politker meinen, sie müssten jetzt unbedingt was tun.

Der Bundesrat macht das meiner Meinung nach ganz schlau. Er weiss wohl, dass es nichts Wesentliches bringt, muss aber was tun. So startet er einen Versuch, der jetzt anläuft. Das nimmt der Druck raus. Bis dann dessen Resultate Ende Juni da sind, hat sich die Sache mehr oder weniger im Sande verlaufen. Much Ado About Nothing.

Ich bin in diesem Zusammenhang immer misstrauisch. Wie bei der Umwelt, wenn wir meinen, wir könnten ein durch Technik und Technologie verursachtes Problem durch bessere Technik und Technologie beseitigen. Das gibt Scheinsicherheit und Zeit, das Problem auf die lange Bank zu schieben. Wir machen einen Deckel auf ein Fass, indem wir von einem anderen den Deckel wegnehmen und diese Pandorabüchse öffnen. Elektroautos statt Verbrennungsmotoren, Brennstoffzellen statt Elektromotoren, Gas statt Benzin, Atomstrom statt Kohlekraftwerke, Windräder und Solarenergie (wer entsorgt die Anlagen?) statt Atomstrom, Wärmetauscher statt Ölheizungen. Es klingt alles so verführerisch. Ich bleibe skeptisch.

Und dann René Rhynow, der emeritierte Professor für öffentliches Recht und ehemalige baselbieter FDP Nationalrat, der einen beachtenswerten Vorschlag zur besseren Einbindung des Parlaments in Krisensituationen macht. Er will ausdrücklich dem Bundesrat nicht die Entscheidungsmöglichkeiten wegnehmen. Aber er schlägt vor, dass er durch eine parlamentarisch zu bestimmende Institution „begleitet“ werden soll, die mitredet, aber nicht bestimmt. Er schlägt dazu die Büros der beiden Ratskammern vor. https://www.nzz.ch/meinung/notrecht-als-herausforderung-fuer-regierung-und-parlament-ld.1555354.

Die Behörden melden mit offensichtlichem Beamtenstolz, dank der CV-Krise seien weniger Asylgesuche gestellt worden und sie hätten in dieser Zeit 1000 erledigen können. Wieviele Gesuchsteller wurden dabei erledigt?

Präsidentenspeak: Der deutsche Bundespräsident Steinmeier „würde sich wünschen...“. Warum wünscht er sich nicht? Das erinnert an die mich immer wieder nervende Politikerphrase „ich würde sagen“. Dann sag’s doch, Gopfridschtutz!


Tag 61. Mittwoch, den 13. Mai

Ab 15.6. sollen die Grenzen zu Deutschland, Österreich und Frankreich wieder offen sein. Österreich geht voran und will ab morgen nur noch Stichproben machen. Es herrscht gebremster Schaum. Frankreich hat gebremst. Es ist vorsichtig. Und Italien bleibt aussen vor.

Deutschlands Seehofer will zwar die Grenzübergänge öffnen und bis Mitte Juni nur noch Stichproben machen. Es ist aber alles noch etwas unklar, denn weiterhin gilt das Übertrittsrecht z.B. in Deutschland nur für Pendler, Güterverkehr oder aus triftigen Gründen. Dänemark und Luxemburg fahren besser. Dort ist es am 15.5. vorbei. Bei unverheirateten Paaren will Seehofer etwas grosszügiger werden, was immer das heissen mag. Er hätte wohl lieber noch mit allem gewartet. Aber er wird noch mehr Druck erhalten.

In der Schweiz geht es ähnlich. Justizministerin Keller-Sutter kritisiert die EU leise, sie hätte sich eine Öffnung des ganzen Schengenraums gewünscht. Also auch für Italien, das ja offensichtlich noch nicht will? Da hätten wir dann noch länger gewartet.

Das alles hilft am Bodensee noch nicht viel.

Auch Kroatien, Griechenland, Malta usw. wollen die Adriadestinationen wieder fördern. Meerurlaub könnte möglich sein, in welcher Form auch immer. In diesen Ländern ist der Tourismus von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Während er im europäischen Durchschnitt 10% der Wirtschaftsleistung bringt, sind es dort 25 bis sogar 40%. Mit entsprechendem Anteil an Arbeitsplätzen.

TUI aber, einer der grössten Anbieter, streicht weltweit 8000 Stellen.

Die WHO wollte ja anfangs keine Grenzschliessungen, um die Wirtschaftsflüsse nicht allzusehr zu blockieren. Aber in Europa, darauf deuten Untersuchungen hin, haben sie sich bewährt, insbesondere auch der Unterbruch des internationalen Luftverkehrs.

Und unseren für Mai geplanten Südfrankreichtrip wäre vielleicht im Herbst möglich. Oder eine Radtour in Deutschland. Oder am Inn vom Bündnerland nach Passau. Oder......... Oder halt hier bleiben. Wir werden sehen. Abwarten und Tee trinken, oder was anderes.

In Mittel- und Südamerika fehlen die Geldüberweisungen an die Familien, die bisher von den Immigranten im Norden getätigt wurden.

In diesen Tagen wird immer recht vorschnell gesagt, das Schweizer Gesundheitswesen sei kaputtgespart worden. Als Gesundheitsökonom, der ich ja auch bin, hat mich das nie ganz überzeugt. Und es gibt durchaus Zahlen, die dagegen sprechen. Da ist neben den stetig fröhlich steigenden Kosten (+3% pro Jahr bei Nullinflation) auch die steigende Zahl von Fachkräften. Von 2007 bis 2017 nahm pro 1000 Einwohner die Zahl der Ärzte von 3,8 auf 4,3 und die Zahl der Pflegekräfte von 13,3 auf 17,2 zu. Das mag nicht genug sein, aber immerhin. Und bei den Ärzten fehlen ja vor allem die Hausärzte, während es in verschiedensten Fachgebieten und in städtischen Agglomerationen mehr als genügend Spezialisten gibt.

Analoge Entwicklungen sind in asiatischen und afrikanischen Gesellschaften festzustellen, aus denen es viele Fremdarbeiter in arabischen und asiatischen Ländern gibt.

In Indien ist Abstand halten schwierig, wie Figura zeigt:

Aber wenigstens sind sie an der frischen Luft, und dort ist, wie wir gesehen haben, das Ansteckungsrisiko kleiner.

Matthias Leuenberger, der Chef von Novartis Schweiz, betont erneut, dass eine Autarkie in der Pharmaherstellung nicht möglich sei, und dabei vor allem nicht bei den Generika und Produkten mit abgelaufenen Patenten, bei denen es einen sehr starken Preiswettbewerb nach unten gebe. Er hat drei Vorstellungen, wie wir mit dem Problem umgehen könnten: 1. Aufbau von Pflichtlagern. 2. Staatsverträge zur Garantie von Lieferungen über Kreuz. 3. Vertiefte Zusammenarbeit in Europa.

Einen anderen Ansatz hat der oberste Chef des französischen Konzerns Sanofi, David Loew. Sanofi ist einer der vier Grossen im Impfstoffmarkt. (Mehr sind es nicht. GlaxoSmithKline, Pfizer, Merck & Co sowie Sanofi machen rund 80% des Impfstoff-Umsatzes mit etwa gleichen Teilen unter sich aus.) Loew will Abnahmegarantien von Staaten vertraglich abgesichert haben als Voraussetzung für die notwendigen Investitionen. Einen solchen Vertrag (es werden Investitionen finanziert) hat Sanofi bereits mit den USA geschlossen und angekündigt, es werde mit einem allfälligen Impfstoff gegen Corona zuerst die USA beliefern.

Im Parlament scheint sich ein Kompromiss im Streit um Mieterleichterungen anzubahnen. Wenigstens jetzt, wenn auch die Betroffenen durch den ganzen Salat einen weiteren Monat Unsicherheit haben.

SVP-Rösti forderte auf Anfrage eine nur begrenzte Öffnung der Grenzen – hätten sie keinen schlaueren befragen können? Da nun eine Mauer definitiv nicht geht, will er, da er dem Herrliberger Kriegsgott opfern muss und ihm halt auf die Schnelle nichts anderes in den Sinn kam, dass die Kontrollen weitergehen sollten und Einreisende einen Nachweis von Nichtinfektion zu erbringen hätten. Wer das nicht könne, der müsse einem Schnelltest unterzogen werden. Wie das gehen soll, bleibt sein Geheimnis. Und was es bei verzögerter Inkubation bringen soll, noch mehr. Es macht sich halt jeder lächerlich, so gut er kann. Und er kann’s gut.

Die Frauenfeld-Wil Bahn, mit der wir während der Kantizeit täglich nach Frauenfeld gependelt sind, prüft eine Fusion mit den Appenzeller Bahnen, die den Betrieb heute schon in Management und Technik führen. Es ist eine freundliche Übernahme, auch wenn die Marke „FW Frauenfeld-Wil-Bahn“ bestehen bleibt. Es fällt einfach neben der separaten Buchhaltung vor allem ein Verwaltungsrat weg, denn die FW ist überwiegend im Besitz der Gemeinden, vorab Frauenfeld und Wil, die sich im Vorsitz und Vizevorsitz über Kreuz ablösen.

Der Komfort war damals bescheiden, Holzbänke, so eng beieinander, dass wir mit einer Mappe zwischen uns auf den Knien den täglichen Molotow jassen konnten. Und wir sangen denn auch als Kinder
„Hebeddi am Bänkli, hebeddi am Bänkli,
s’Wilerbähnli macht es Ränkli,
hebeddi am Pfoschte,
hebeddi am Pfoschte, s’Wilerbähnli fot a roschte.“

62. Tag. Donnerstag, den 14. Mai

De Profisport soll also bis 2022 zinslos laufende Bürgschaften für 350 Mio Frnken erhalten, 150 Mio jetzt (Fussball Ligen A und B 100, Eishockey Ligen A und B 75) und nochmals 150, wenn die Sperrzeit nochmals 6 Monate dauern sollte. Die Auflagen „sind hart“, so die zuständige Bundesrätin Amherd. So soll kein Geld in überhöhte Spielersaläre fliessen... Wer hat das im Griff, wann sind sie „überhöht“? Der Durchschnitt der Fussball-Saläre liegt übe 13000 Franken pro Monat (bei einem Schweizer Medianlohn von 6500). Die Hockey-Gehälter sind höher.

Als Einzelmassnahmen sind vorgesehen, dass das Salärbudget in 3 Jahren um 20% heruntergefahren wird. Ausserdem müssen die Ligen einen gemeinsamen Risikotopf mit 5% der Einnahmen aus TV und Sponsoring bilden.

Die Darlehen werden erst aktiv, wenn der Spielbetrieb wieder aufgenommen wird. Bis dahin läuft mit Ausnahme von St.Gallen und GC, die wieder trainieren, die Kurzarbeit.

Der Breitensport und Leistungssport erhält 150 Mio. Franken à fonds perdu. (Sind die Kicker und Schlittschüeler keine Leistungssportler?)

In den USA ist klar geworden, dass das CV nicht zuerst aus China kam, sondern aus Europa via New York.

San Francisco ist besser weggekommen, als New York. Einmal ist das CV im Big Apple eingetreten, und dessen Bürgermeister de Blasio hat sich noch zwei Wochen darüber lustig gemacht, als San Francisco schon Massnahmen ergriff. Dann gibt es sozioökonomische Gründe. New York hat mehr Unterschichtamerikaner, mehr Latinos und Afroamerikaner, die ärmer sind, in ärmeren Behausungen wohnen. Beides fördert die Anfälligkeit. Und San Francisco hat einen schlechten ÖV, während man sich in New York vorab in proppenvollen U-Bahnen und Bussen verschiebt. So wird aus einem Vorteil einer Stadt ein Nachteil.

Wie überflüssig zurzeit die Verfolgungsapplikation ist, zeigt ein Bericht über die Nachverfolgungen im Kanton Zürich. Während es vor der Spitze, als noch von Hand eruiert wurde, pro Fall sehr viele Kontakte gab, die informiert werden mussten, sind es jetzt etwa noch 10 Personen. Diese werden angerufen und aufgefordert, für 10 Tage in Selbstquarantäne zu gehen. Dann werden sie nochmals angerufen, kontrolliert. Inspektionsbesuche gibt es nicht. Nota bene gibt es jetzt täglich noch rund 50 oder weniger Neuansteckungen. Nicht im Kanton Zürich, sondern in der ganzen Schweiz.

Die zugesprochenen Kredite für von der CV-Krise betroffene Firmen wurden bisher zu über 80% nicht in Anspruch genommen. Das zeigt, dass noch Reserven da sind, dass die Firmen vorsichtig sind. Aber die schnelle Lösung dieser Frage gab ihnen die nötige Sicherheit. Daher war das ein sehr gutes Vorgehen.

Jedes Jahr fallen in der Schweizer Natur 14‘000 Tonnen Plastikabfall in der Natur anDie schlechte Vorratshaltung der Schweiz mit Masken und Desinfektionsmitteln war seit 2015 gut bekannt. Aber es war dem Bund zu teuer, hier zu investieren. Da hat man die Verantwortung elegant an die Spitäler, Arztpraxen, Apotheken, Heime delegiert, um nicht zu sagen abgeschoben.

Auch die Magistraten geniessen die Lockerungen:

Die Post geht zurück in gute alte Zeiten und verkauft das als Schritt in die Zukunft. Sie will die Briefpost und die Paketpost zusammenlegen. In Zukunft sollen wir die Päckli von Briefträger zugestellt bekommen. Da lachen die Hühner. Das hatten wir doch schon, als ich Kind war und noch länger. Also bevor die Management-Berater à la McKinsey das Ruder übernahmen und in den Chefetagen zu regieren begannen. Beim jetzigen Schritt sind sie sicher wieder dabei und sahnen ein zweites Mal ab. Bis dann wieder getrennt wird.

Ausserdem sollen Privatfirmen oder auch Behörden vermehrt Dienstleistungen in Poststellen anbieten können. Also Versicherungen verkaufen, Formulare ausfüllen etc. Klingt nicht sehr überzeugend. Dabei sollen übrigens die Poststellen nicht weiter als auf 800 abgebaut werden. Sagen sie jetzt. Die Botschaft hör ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube.

Spaziergang: Gässli-Bachtöbeli-Rehhof-Wiezikon-Murg-Hofen. Eine knappe Stunde. Grau, trocken, Biese, kalt.

Aber es ist alles grün und wie. Satt und in allen Farben. Das Gras ist hoch, überall wachsen die Büsche die Wege zu, auf denen das Unkraut spriesst. Wo, wie oben im Gässli, auf beiden Seiten Büsche sind, die oben zusammenkommen ist es ganz dunkel. An der Murg blühen gelbe Taubnesseln und Salomonssiegel. Hochfrühling sozusagen.

Yves Wegelin, der Sohn meines Studienfreundes und Elos Berufskollege Jürg, schreibt in der WOZ, dass das eine Prozent der Reichsten vierzig Prozent des Privatvermögens der Schweiz besitzt. Das ist über eine Billion Franken. Wenn diese mit einer einmaligen Abgabe von 5% belegt würden, wären die Ausgaben des Bundes für die Covid19-Krise getilgt. Die nächste Börsenrally, so meine Überlegung, gäbe das locker wieder her.


Tag 63. Freitag, den 15.5.

Unter dem Titel „14‘000 Tonnen Plastikmüll landen in der Schweiz pro Jahr in der Natur. Littering ist dabei nur das zweitgrösste Problem“ finde ich heute in der Zeitung die Aufschlüsselung nach Arten:

Und da bin ich wieder beim Kopfrechnen, denn schon auf den ersten Blick gibt das doch wesentlich mehr als 14‘000, über 15‘000 Tonnen. Ich nehme den Rechner und siehe da: 15920. Kopfrechnen als Grundschulfach sollte wieder ausgebaut werden. Interessant ist die Aufteilung alleweil.

In der CV-Krise wittern die Gegenerinnen des Vaterschaftsurlaubs (die Thurgauer SVP-Nationalrätin Tanja Gutjahr ist Präsidentin des Referendumskomitees) Oberluft. Keine zusätzliche Belastung der Löhne der Arbeitnehmer, ist die vorgeschobene Parole, wo es doch ehere um die zusätzliche Belastung der Wirtschaft geht. Gutjahrs früher Förderer Peter Spuhler ist ihrem Komitee beigetreten, und die CVP wankt auch, die Familienpartei, einmal mehr.

Auch in St.Gallen geht das Kantonsparlament ins Exil. In die Olma-Halle. Da ist es, wie das Bundesparlament in einer Messeliegenschaft. Geht Basel jetzt in die MUBA, Zürich in die Züspa, Lausanne ins Paléxpo?

Taiwan wird der Volksrepublik China als positives, da demokratisches Beispiel gegenübergestellt, das dank Bürgersinn das CV erfolgreich bekämpft. Aber es stellt sich heraus, dass diese Bekämpfung unter anderem auf einer extremen Datenüberwachung und –zusammenführung beruht, einer totalen Überwachung. Das würde uns so nicht passen.

In Indien leiden die „Unberührbaren“ einmal mehr unter ihrer Diskriminierung, die in der CV-Zeit noch verschärft wird. Es sind Zustände, die wir uns kaum vorstellen können. Trotz stark steigender Infektionszahlen werden die Massnahmen schon heruntergefahren.

Das CV greift offensichtlich nicht nur die Lunge an, sondern auch andere Körperteile, so das Hirn. Wenn das so ist, besteht der Verdacht auf eine Teildurchseuchung der Zürcher Stadtpolizei. Verteilen die doch aktuell auch Bussen an Paare aus gemeinsamem Haushalt, die im Freien keinen Zweimeterabstand einhalten! Und das Bundesamt für Gesundheit doppelt nach mit einer unklaren Stellungsnahme. An sich könnten zusammenlebende Paare schon zusammen raus. Aber vielleicht besser doch mit Abstand. So ein Quatsch!

Die Bischöfe fordern die Öffnung der Kirchen für Gottesdienste. Der Bundesrat zögert. Er erwartet wohl weitere Forderungen anderer Kreise.

Die Uhrenhersteller haben massive Umsatzeinbrüche. Bis zu 25% bei Luxusuhren. Diese wurden in der Schweiz zu über 50% von chinesischen Touristen gekauft. An der Bahnhofsstrasse hatten sie Chinesen als Verkaufspersonal, der Sprache wegen. Wir haben das bei Freunden aus China erlebt, die mit einem ganzen Auftragsbuch unterwegs waren, als sie uns besuchten. Wir sind dann nach Zürich an die Bahnhofsstrasse gefahren. Dort haben sie sich mit Katalogen eingedeckt. Fotos aus diesen gingen abends per Natel nach China, dort wurde eine Uhr ausgelesen und der Auftrag konkret erteilt. Dieser wurde dann am nächsten Tag in Zürich erledigt.

Das mit den Darlehen für die vier Profiligen Fussball/Eishockey ist eine komplexe Sache mit – für mich – unsicherem Ausgang. Kreditnehmer sind die Ligen, die dann den Rest intern regeln. Sie stehen auch in der auf mehrere Jahre verteilten Rückzahlungspflicht. „Intern“ ist aber einfach gesagt. Was ist mit Klubs wie dem FC St.Gallen, dessen Präsident Matthias Hüppi, der ehemalige Sportjournalist, sagt, er wolle gar kein Geld, und er habe auch keine Lust, für Klubs aufzukommen, die unsolide arbeiten (im Regionaljournal von gestern)? Muss er die fünf geforderten Prozent in den gemeinsamen Risikotopf abgeben, da er ja ohne diese Klubs auch nicht spielen kann? Muss auch er die bei ihm nicht allzu hohen Löhne senken, da die Reduktion im Schnitt erfolgen muss? Das Puff ist programmiert.

Slowenien gibt die Reisen für EU-Bürger, und damit wohl auch für Schweizer, per Ende Mai frei. Aber im Tourismus gibt es dann weiterhin CV-Restriktionen.

Estland, Lettland und Litauen öffnen untereinander die Grenzen.

Die Kulturforschungsstelle der ETH Zürich KOF rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts von 5,5%. Erholungsdauer?

Es ist fraglich, wie lange die Immunität nach Ansteckung anhält. Bei nur leichtem Verlauf, so gibt es Indizien, eventuell nur relativ kurz. Bei gängigen früheren Coronavirus-Erkrankungen waren es nur ein bis zwei Jahre. Das wird bei der Impfstoffentwicklung von Bedeutung sein.

Wird es in der Schweiz zukünftig eine Impfpflicht geben? Das dürfte zu massiven Diskussionen führen.

Spaziergang: Rund um den und auf dem Sirnacherberg. 1h20. Kühl, Bise, schön.

Die frischen Tannenschösslinge heben sich in sattem Hellgrün von dem dunklen Elternzweig ab. Die Vögel veranstalten ein Frühlingskonzert, der Specht hämmert an einem dürren Baum, ein Eichhörnchen verschwindet über einen gefallenen Stamm.

Unterwegs schneide ich – das Sackmesser ist immer dabei – von einem Busch am Wegrand einen Zweig mit schönen Blüten.

Elo macht mit allem, was sie, was wir finden, schöne Sträusse. Wiesenblumen, blühende Büsche, Blumen und Grün aus dem Garten, blühendes Unkraut.

Der öffentliche Verkehr steigt langsam aber stetig an. Die Bahn meldet zunehmende Passagierzahlen.

Auch die Öffnung der Schulen ging ohne grössere Probleme vor sich. Die neue Routine scheint sich einzupendeln.

Der Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz wird abgebaut. Sofort.

Die Grenze darf für Familienbesuche und Paare überschritten werden, die Pflege der Schrebergärten ennet der Grenze wird möglich, Zweitwohnungen können genutzt werden. Es genügt eine Selbstdeklaration auf einem Internetformular. Dass sich Liebespaare schon vor dem März gekannt haben müssen, ist eine bürokratische Kapriole, ein Muster ohne Wert.

Wir haben im Garten wieder die Sommerdekoration. Die über den Winter eingestellten Topfpflanzen wurden gebracht: Der Zitronenbaum mit vielen grossen gelben Früchten, kleinem, noch grünem Nachwuchs und neuen Blüten, der Hibiskus mit grossen Blüten und vielen Knospen, der Bougainvillea im Blust und der Oleander mit Knospen. Vor der Haustüre steht die schön blühende Fuchsia.

Oben auf dem Sirnacherberg hat jemand einen bemalten Stein auf einen Baumstumpf gelegt. Untermalt von roten Herzen steht der Poesiealbumspruch, der sehr gut für unsere Generation passt:

Das Schönste ist
die Zeit zu zweit.
Denn wir wissen nicht,
wieviel uns bleibt.

Wie geniessen sie, die Zeit zu zweit. Und denken an die, die – in dieser Hinsicht – nichts zu geniessen haben.

15.5.2020/JB.